Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens sowohl beim Ehegatten- und Kindesunterhalt als auch beim Elternunterhalt den Wohnvorteil aus einer mietfreien Immobilie hinzugerechnet. Gegengerechnet hat er die Zinsen. Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte die Tilgungsrate, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, bis zur Zustellung des Scheidungsantrags voll, ab Zustellung des Scheidungsantrags oder bei einem Ausschluss des Zugewinnausgleichs nur noch in Höhe von 4 % des Bruttoerwerbseinkommens abgezogen werden. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit den Entscheidungen vom 18.01.2017 und 04.07.2018 nunmehr geändert.
Ist der Unterhaltspflichtige alleiniger Eigentümer der Immobilie, kann er nach der geänderten Rechtsprechung auch nach Zustellung des Scheidungsantrags die Zins- und Tilgungsleistungen vom Wohnvorteil abziehen, soweit diese den unterhaltsrechtlich maßgebenden Wohnvorteil nicht übersteigen. Dies gilt nicht nur bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts während der Dauer des Getrenntlebens und nach der Ehescheidung, sondern auch für die Berechnung des Kindesunterhalts minderjähriger und volljähriger Kinder. Die Aufgabe der langjährigen Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung von Tilgungsleistungen wirkt sich auf Unterhaltsberechnungen erheblich aus. Dies zeigt folgendes einfaches Beispiel:
Bislang war wie folgt zu rechnen:
Nach der geänderten BGH-Rechtsprechung können Zins- und Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils gegengerechnet werden, also im Beispielsfall bis zu EUR 1.000,00. Dies führt zu folgender Berechnung des Ehegattenunterhalts:
Im Beispielsfall führt die Rechtsprechungsänderung somit zu einer Reduzierung des Ehegattenunterhaltsanspruchs in Höhe von monatlich EUR 253,00.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Günter Nann.