Befristete Arbeitsverträge sind ein beliebtes Mittel von Arbeitgebern, um auf den temporären Bedarf an Arbeitskräften flexibel zu reagieren. Im Falle einer wirksamen Befristung endet das Arbeitsverhältnis nämlich automatisch mit Zeitablauf, es bedarf daher keiner Kündigung des Arbeitgebers, die Schutzmechanismen des Kündigungsschutzgesetzes greifen also nicht zugunsten des Arbeitnehmers.
Die Bedeutung von Befristungen ohne Sachgrund (höchstens für die Dauer von zwei Jahren) in der Praxis zeigt sich auch daran, dass sich im Jahr 2018 sogar das Bundesverfassungsgericht mit der Frage der sog. Kettenbefristungen auseinandergesetzt haben. Hierzu haben wir bereits in unserem Rechtstipp vom 11.03.2019 berichtet. Das Verbot der Kettenbefristung gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) besagt, dass grundsätzlich die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch einschränkend ausgeführt, dass die Fachgerichte für jeden Einzelfall zu prüfen haben, wann das Verbot der sachgrundlosen Befristung wegen einer Vorbeschäftigung unzumutbar ist. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei insoweit verfassungskonform auszulegen. Dies könne dann der Fall sein, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliege, die Vorbeschäftigung ganz anders geartet sei oder die Vorbeschäftigung nur von kurzer Dauer gewesen sei.
Somit lautet eine der spannenden Fragen für die Praxis, ab welchem Zeitraum eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt und eine sachgrundlose Befristung daher zulässig ist. In einer aktuellen Entscheidung vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun erstmals die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung trotz Vorbeschäftigung angenommen. Im konkreten Fall lag das vormalige Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber 22 Jahre zurück und wurde vom BAG als sehr langer Zeitraum eingestuft. Bei einem solchen zeitlichen Abstand zwischen zwei sachgrundlosen Befristungen geht das BAG somit offenbar nicht davon aus, dass der mit dem Verbot der Kettenbefristung vom Gesetzgeber bezweckte Schutz des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform gefährdet ist.
Dennoch wäre es wünschenswert, dass der Gesetzgeber selbst die rechtlichen Voraussetzungen für eine zulässige sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung schafft und die bestehenden Regelungen des TzBfG praxistauglich und für alle einheitlich neu gestaltet.
Dieser Beitrag wurde verfasst Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M..
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