Die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Eigenbedarfs ist schon seit jeher regelmäßig Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Vermieter. Das Gesetz sieht den Eigenbedarf in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausdrücklich als Grund für eine ordentliche Vermieterkündigung vor. Grundlegende Frage in jedem Einzelfall ist folglich, ob ein Fall von Eigenbedarf tatsächlich vorliegt und die ausgesprochene Kündigung daher gerechtfertigt ist.
Die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung ist Ausdruck der von Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz geschützten Eigentumsfreiheit. Der Vermieter soll seine Wohnung im Bedarfsfalle für sich oder privilegierte Angehörige nutzen können. Nach der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof (BGH) haben die Instanzgerichte, die im Streitfall über die Rechtmäßigkeit einer Eigenbedarfskündigung zu entscheiden haben, grundsätzlich zu respektieren, dass der Vermieter sich entscheidet, die bisher vermietete Wohnung nunmehr anderweitig, nämlich für sich oder seine Angehörigen, zu nutzen. Welchen Wohnbedarf der Vermieter dabei für angemessen hält, steht dabei grundsätzlich in freiem Ermessen des Vermieters – selbst wenn im Einzelfall das Gericht eine andere Vorstellung von angemessenem Wohnen haben sollte.
Zu beachten sind jedoch auch die berechtigten Belange des Mieters, die dem Erlangungswunsch des Vermieters ggf. Grenzen setzen können. So haben die Gerichte zu prüfen, ob der angemeldete Eigenbedarf des Vermieters von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist, der Eigennutzungswunsch ernsthaft verfolgt wird oder missbräuchlich ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn dem Vermieter eine andere eigene und freie Wohnung zur Verfügung steht, die den Eigenbedarf ebenfalls adäquat befriedigen kann.
Auch in Fällen des nur zeitlich begrenzten Wohnbedarfs, also die beabsichtigte Eigennutzung nur für eine bestimmte Dauer, und des nur zeitweisen Wohnbedarfs, wenn der Vermieter die Wohnung nicht ständig nutzt, können Eigenbedarfskündigungen wirksam sein.
Bei der regelmäßig auftretenden Streitfrage, ob die beabsichtigte Unterhaltung einer Zweitwohnung eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters rechtfertigen kann, kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Eigenbedarfskündigung nicht voraus, dass der Vermieter oder dessen Angehörige in der begehrten Wohnung den Lebensmittelpunkt begründen wollen. Es kann dabei nach Auffassung des BGH auch keine konkrete Mindestnutzungsdauer der Zweitwohnung als Bewertungsgrundlage für die rechtliche Beurteilung eines vorliegenden Eigenbedarfs herangezogen werden. Dieser Entscheidung des BGH lag folgender Fall zu Grunde: Eine wohlhabende Familie, die in Finnland lebt, wollte eine fremdvermietete Wohnung in Wiesbaden wegen Eigenbedarfs kündigen, da dort etwa zweimal im Jahr ein- bis zweiwöchige Familientreffen stattfinden sollen. Der Familie gehört das ganze Haus mit vier Wohnungen. Eine Wohnung wurde bereits als Ferienwohnung genutzt, eine weitere sollte aus Platzgründen für die Unterbringung der gesamten Großfamilie während des Ferienaufenthaltes nunmehr nach erfolgter Eigenbedarfskündigung hinzukommen. Nach erfolgter Beweisaufnahme entschied das Berufungsgericht, dass auch die nur wenige Wochen im Jahr währende Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung ein angemessener Wohnbedarf für die Familie darstelle und die Eigenbedarfskündigung daher gerechtfertigt sei. Der BGH hat diese Entscheidung bestätigt.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M..