Nachehelicher Unterhalt kann ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Ehescheidung beansprucht werden. Der Gesetzgeber hat 2008 das Unterhaltsrecht reformiert, das von dem Prinzip der Eigenverantwortung und dem Gedanken der nachehelichen Solidarität geprägt ist. Nach § 1569 BGB soll grundsätzlich jeder Ehegatte für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen, weshalb nachehelicher Unterhalt auf Ausnahmefälle beschränkt ist, zum Beispiel wenn kleine Kinder unter drei Jahren betreut werden, wenn krankheits- oder altersbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen werden kann oder bei Arbeitslosigkeit.
Eine Erwerbsobliegenheit des alleinerziehenden Elternteils besteht ab dem dritten Geburtstag des jüngsten Kindes. Dann muss regelmäßig zumindest eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen werden, wobei auf die konkreten Betreuungsmöglichkeiten des Kindes und die weiteren Umstände abzustellen ist. Wer nicht arbeitet, dem kann ein Einkommen fiktiv zugerechnet werden und er wird so behandelt, als ob er arbeitet und mit dieser Tätigkeit ein Einkommen erzielt.
Auch wer arbeitslos ist und sich ernsthaft und konkret um eine Anstellung bemüht, kann einen Unterhaltsanspruch haben. Die Rechtsprechung hat die Grundsätze des Unterhaltsrechts stetig weiter ausgeformt, weshalb jeder Einzelfall genau zu betrachten ist. Ausnahmen bestehen z.B. bei langer Ehedauer (BGH-Entscheidung vom 19.06.2013, Az. VII ZB 309/11), wobei eine lange Ehedauer nicht automatisch einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt begründet. Auch bei langer Ehedauer müssen weitere Umstände hinzukommen. Dies sind Fälle einer Ehe, die durch eine Rollenverteilung geprägt war und ein Ehepartner die Kinderbetreuung und Haushaltsführung übernahm und der andere Ehepartner das Einkommen sicherte. Dann kann sich eine wirtschaftliche Abhängigkeit entwickelt haben, so dass der bislang nicht erwerbstätige Ehepartner auch über die Scheidung hinaus Unterhalt bekommt.
Ein Aufstockungsunterhaltsanspruch besteht, wenn eine Anpassung an die ehelichen Lebensverhältnisse noch für einen gewissen Zeitraum angemessen erscheint. Es erfolgt eine Angemessenheitsprüfung in Abhängigkeit von der konkreten Dauer und Ausgestaltung der Ehe.
Ein Anspruchsgrund muss stets zum Zeitpunkt der Rechtkraft der Ehescheidung, nicht zu einem späteren Zeitpunkt entstehen.
Da das Unterhaltsrecht in einem stetigen Fluss ist, sollte jeder Einzelfall in der Praxis exakt geprüft werden. Wir beraten Sie, ob und wie lange nach der Scheidung noch Unterhaltsansprüche bestehen bzw. ob Sie (k)einen Unterhalt bezahlen müssen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwältin Barbara Kornmeier.