Mit Beschluss vom 06.05.2015 hat der Bundesgerichtshof in dem Verfahren XII ZB 306/14 wie folgt entschieden:
Ist Vermögen, das ein Ehegatte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zugunsten des Übergebers mit einem Nießbrauch belastet, unterliegt der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Wertes des Nießbrauchs für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht dem Zugewinnausgleich.
Um diesen Wertzuwachs im Zugewinnausgleich rechnerisch zu erfassen, ist eine auf einzelne Zeitabschnitte aufgeteilte Bewertung des gleitenden Erwerbsvorgangs nicht erforderlich. Das gleiche Ergebnis kann vielmehr schon dadurch erreicht werden, dass bei der Berechnung des Zugewinns des Zuwendungsempfängers auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs- und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet wird. Damit wird die frühere Rechtsprechung in FamRZ 2007, 978 aufgegeben.
Ist hingegen der Wert des Nießbrauchs gestiegen, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum – ausnahmsweise – einen Wertzuwachs erfahren hat, muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs- und Endvermögen eingestellt werden, ohne dass es weiterer Korrekturen des Anfangsvermögens bedarf.
Mit dieser Rechtsprechungsänderung kehrt der Bundesgerichtshof zu der Rechtsprechung zurück, die bis 2006 bestand: Wird bei der Übertragung von Vermögenswerten der Nießbrauch vorbehalten, bleibt der Nießbrauch sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen grundsätzlich unberücksichtigt. Damit kehrt der BGH zur Praktikabilität zurück. Das Problem hat eine sehr große praktische Relevanz, da bei vielen Übertragungen, insbesondere bei Übertragungen von Immobilien, bei Nachfolgeregelung von Betrieben, insbesondere auch im landwirtschaftlichen Bereich sich der Veräußerer häufig Wohn- oder Nießbrauchrechte auf Lebzeit vorbehält. Der Wert eines Wohn- oder Nießbrauchs sinkt mit zunehmenden Lebensalter, mit dem Tod des Berechtigten entfällt schließlich der Nießbrauch. Damit der andere Ehegatte hierdurch nicht ungerechtfertigt bevorzugt wird, bleiben Wohn- und Nießbrauchrechte im Anfangs- und Endvermögen unberücksichtigt. Eine Ausnahme hiervon wird nur gemacht, wenn sich der Wert des Nießbrauchs nicht – wie üblich – verringert, sondern wenn sich der Wert des Nießbrauchs – ausnahmsweise – normal erhöht haben sollte.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Günter Nann.