Häufig verpflichten sich Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag zur Teilnahme an beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen, deren Kosten regelmäßig der Arbeitgeber übernimmt. Die Spannweite solcher Maßnahmen reicht dabei von der Teilnahme an Tagesseminaren bis hin zur Absolvierung eines berufsbegleitenden Masterstudiums, das sich über mehrere Semester erstreckt. Abhängig von Art und Umfang der Schulungsmaßnahme belaufen sich die dadurch anfallenden Kosten auf geringe Beträge bis hin zu Summen im vier- bis fünfstelligen Bereich. Arbeitgeber erwarten im Gegenzug für die getätigten Investitionen Betriebstreue vom Arbeitnehmer. Dies wird regelmäßig durch die Aufnahme von sog. Bindungs- bzw. Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag versucht zu erreichen. Danach soll der Arbeitnehmer verpflichtet sein, bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen vor Ablauf einer vereinbarten Bindungsdauer die Fortbildungskosten (anteilig) an den Arbeitgeber zurückzubezahlen.
1.) Beispiel einer Rückzahlungsklausel
Hier ein Beispiel einer Rückzahlungsklausel, die so oder in einer ähnlichen Formulierung immer wieder Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Entscheidungen ist:
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Rückzahlung der vom Arbeitgeber getragenen Fortbildungskosten, falls er vor dem XX.XX.XXXX aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber ausscheidet.
Aber aufgepasst: eine so formulierte Klausel ist nicht rechtswirksam, wenn es sich dabei um eine AGB-Klausel handelt!!! An die Rechtswirksamkeit solcher Rückzahlungsklauseln, insbesondere bei Klauseln in Formulararbeitsverträgen, sind nämlich nach zahlreichen Entscheidungen von Arbeitsgerichten, Landesarbeitsgerichten und Bundesarbeitsgericht bestimmte Anforderungen zu stellen. Einige dieser Wirksamkeitsvoraussetzungen werden nachfolgend dargestellt.
2.) Anforderungen an die Rechtswirksamkeit von Rückzahlungsklauseln
a. Ein wesentliches Kriterium der Rechtmäßigkeit von Rückzahlungsklauseln ist zunächst ein durch die Fortbildung erlangter geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer, der dann vorliegt, wenn er durch die Weiterbildung einen beruflichen Vorteil hat, z.B. wenn er durch eine erlangte Zusatzqualifikation Vorteile auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegenüber Mitbewerbern erwirbt oder bei seinem aktuellen Arbeitgeber in eine höhere Tarifgruppe aufsteigt. Dient die Weiterbildungsmaßnahme hingegen nur innerbetrieblichen Zwecken und damit allein dem Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer in der Regel nicht an den Kosten beteiligt werden.
b. Darüber hinaus muss die vom Arbeitgeber gewollte Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Ausbildungsmaßnahme und der damit erlangten Zusatzqualifikation stehen. Dies ist dabei stets eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Wer im Rahmen einer einwöchigen Weiterbildungsmaßnahme ein bestimmtes berufliches Zertifikat erlangt, kann vom Arbeitgeber nur schwerlich für 24 Monate gebunden werden.
c. Relevant ist zudem auch der Grund des Ausscheidens. Trifft den Arbeitnehmer die Pflicht zur Rückzahlung in jedem Fall des Ausscheidens, also ohne nach dem Beendigungsgrund zu differenzieren, stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, denn der Arbeitnehmer hat es dann nicht selbst in der Hand, durch eigene Vertragstreue die Bindungsdauer zu erfüllen und der Rückzahlungspflicht zu entgehen. Danach ist die beispielhaft dargestellte Klausel AGB-rechtlich unwirksam.
d. Ebenso ist zu beachten, in welchem Stadium der vereinbarten Bindungsphase das Arbeitsverhältnis endet. Ist beispielsweise eine 24-monatige Bindung rechtswirksam vereinbart und wird das Arbeitsverhältnis zwei Monate vor Ablauf dieser Bindungszeit beendet, so muss in einer Rückzahlungsklausel eine gestaffelte Rückzahlungspflicht vereinbart werden, nach der nur noch ein angemessen geminderter Betrag vom Arbeitnehmer zurückzubezahlen ist. Wer die vereinbarte Bindungsdauer fast vollständig erfüllt, darf nicht zur Rückzahlung der vollen Ausbildungskosten verpflichtet sein, denn für den Arbeitgeber hat sich die Investition schon teilweise rentiert. Auch hieraus ergibt sich die Unwirksamkeit der vorstehenden Beispielsklausel, die keine ratenweise Minderung der Rückzahlungspflicht vorsieht.
Es wird deutlich, dass das Thema der Rückzahlungspflicht von Aus- und Fortbildungskosten viele rechtliche Fallstricke mit sich bringt, die sowohl bei der rechtswirksamen Gestaltung des Arbeitsvertrages bzw. entsprechender Fortbildungsvereinbarungen als auch bei der Frage einer rechtswirksamen Zahlungspflicht aufgrund bereits vereinbarter Rückzahlungsklausel zu beachten sind. Da es mitunter um hohe Summen an Fortbildungskosten gehen kann, ist die Einholung einer rechtskundigen Einschätzung dringend zu empfehlen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Das Team von BLP steht Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Tobias Ritzenthaler, LL.M..