Wegen der Corona-Pandemie stellen sich für Arbeitnehmer viele Fragen zum Arbeitsverhältnis. Aus meiner Praxis habe ich die häufigsten Beratungssachverhalte zusammengefasst, um Ihnen einen ersten Überblick zu ermöglichen.
1. Kündigung wegen „Corona“
Corona für sich genommen ist kein Kündigungsgrund. Arbeiten in Ihrem Betrieb mehr als 10 Beschäftigte in Vollzeit, muss ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegen, also ein betriebsbedingter, personenbedingter oder verhaltensbedingter Kündigungsgrund. Für Ihr spezielles Arbeitsverhältnis muss unter Berücksichtigung Ihrer betrieblichen Situation entschieden werden, ob einer der genannten Kündigungsgründe vorliegt.
Wichtig ist, dass für Ihren Kündigungsfall spätestens 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage eingereicht wird. Corona setzt diese Klagefrist nicht außer Kraft. Vereinbaren sie deshalb sofort nach Erhalt der Kündigung mit unserer Kanzlei einen Beratungstermin, damit die Klageaussichten für Sie geklärt werden können.
Die Erstberatungskosten betragen bei uns EUR 190,00 (zzgl. MwSt.). Die Kosten einer Klage kann Ihre Rechtschutzversicherung (inkl. Arbeitsrechtschutz) tragen oder Sie erhalten Prozesskostenhilfe, soweit bei Ihnen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
2. Andere Tätigkeit im Betrieb
Ob Ihr Arbeitgeber Ihnen aufgrund Corona-bedingter Betriebsänderungen eine andere Tätigkeit zuweisen kann, darf der Arbeitgeber nach der betrieblichen Situation unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Interessen entscheiden. Als Grenze gilt die Vereinbarung zur Tätigkeit in Ihrem Arbeitsvertrag und die Fortzahlung Ihres bisherigen Gehalts.
Bei der Frage, ob Sie die geänderte Tätigkeit akzeptieren, sollten Sie immer berücksichtigen, dass die geänderte Tätigkeit bei vollem Gehalt den möglichen Bezug von Kurzarbeitergeld (grundsätzlich 60% Ihres Nettogehalts) hinausschiebt. Auch sollte die Übernahme der geänderten Tätigkeit zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber schriftlich vereinbart werden, wozu ich Ihnen nach Beratung Regelungsvorschläge unterbreiten könnte.
3. Kinderbetreuung und Gehalt
Derzeit sind folgende Sachverhalte zur Kinderbetreuung zu berücksichtigen:
a) Zu Hause bleiben nach unvorhersehbarer Schließung der Tagesstätte
Für einen vorübergehenden Zeitraum (ca. 2 bis 3 Tage bei Kindern bis 12 Jahre) bleibt der Vergütungsanspruch bestehen. Es besteht die Pflicht das Kind in die Obhut Dritter zu begeben, um die Verhinderung so kurz wie möglich zu halten. Für diesen kurzen Zeitraum bleibt der Gehaltsanspruch nach § 616 BGB erhalten.
Fehlt die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter über diesen Zeitraum hinaus, entfällt der Gehaltsanspruch.
b) Zu Hause bleiben bei Krankheit des Kindes
Liegt ein ärztliches Zeugnis vor, dass das Kind betreuungsbedürftig erkrankt ist, kann Krankengeld bezogen werden und es besteht bei Kindern bis 12 Jahren ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitnehmer von bis zu 10 Tagen.
c) Kinderbetreuung wegen geplanter Corona-bedingter Schließung der Tagesstätte
Bei einer solchen Schließung ist die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter nicht berechtigt zur Kindesbetreuung zu Hause zu bleiben. Es besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts oder auf Freistellung von der Arbeit zur Kindesbetreuung.
d) Gehaltsanspruch trotz Kindebetreuung
Zu Gehaltsanspruch bei notwendiger Kinderbetreuung wegen behördlich veranlasster Kita- und Schulschließung nach dem Sozialschutzgesetz vom 27.03.2020, vgl. unseren Rechtstipp vom 30.03.2020.
4. Anzeigepflicht bei Corona-Verdacht beim Arbeitgeber
Stehen Sie unter Corona-Verdacht, sind Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber oder Kollegen nicht verpflichtet die ärztliche Diagnose offenlegen zu müssen. Sie sind nur verpflichtet gegenüber Ihrem Arbeitgeber zur sofortigen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und zur Mitteilung der voraussichtlichen Dauer mittels ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Ihr Arzt ist nach dem Infektionsschutzgesetz verpflichtet die Gesundheitsbehörde über den Infektionssachverhalt unter Angabe Ihrer persönlichen Daten zu informieren. Das Gesundheitsamt kann dann gegenüber Ihrem Arbeitgeber für den Betrieb die erforderlichen Schutzmaßnahmen anordnen.
Wichtig ist, dass Sie zum Schutz Ihrer Kolleginnen / Kollegen und des Arbeitgebers verantwortungsbewusst mit der Infektionsinformation umgehen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen veranlassen und ermöglichen.
5. Minijobber in der Corona-Krise
Es gelten auch für Minijobber grundsätzlich dieselben Rechte wie für alle Arbeitnehmer (vgl. Ziff. 1. bis 4.). Als Ausnahme ist anzuführen, dass die Kurzarbeiterregeln nicht für Minijobber gelten, da Kurzarbeit nur für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gilt.
6. Kurzarbeit und Corona
Der Arbeitgeber kann bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeit anzeigen und Kurzarbeitergeld beantragen, soweit in Ihrem Betrieb die gesetzlichen Vorrausetzungen für Kurzarbeitergeld vorliegen. Arbeitsausfälle die durch das Corona-Virus verursacht sind, erfüllen diese Voraussetzungen.
Arbeitnehmer müssen in dieser Situation nichts veranlassen. Der Arbeitgeber muss die Kurzarbeitsvoraussetzungen mit der Agentur für Arbeit klären und die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter informieren.
Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer mit Kinder 67 % und ohne Kinder 60 % des Netto.
7. Mitarbeiterdatenschutz in Corona-Zeiten
Grundsätzlich sind Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) besonders geschützt, dürfen aber im Interesse der Corona-Bekämpfung unter Berücksichtigung der Voraussetzungen der DS-GVO verarbeitet werden. In meiner Beratungspraxis ergaben sich insbesondere folgende Beratungssachverhalte:
a) Private Handydaten
Zur Installation einen innerbetrieblichen Kommunikationssystems darf der Arbeitgeber ohne Ihr Einverständnis Ihre privaten Handydaten nicht herausverlangen und weitergeben. Darüber hinaus trifft den Arbeitgeber die Informationspflicht zur Handydatenverarbeitung, z.B. einer Löschungsregelung für die Zeit nach der Pandemie u.a.
b) Meldepflicht zum Urlaubsort
Der Arbeitgeber hat einen Auskunftsanspruch wegen der Kenntnis Ihres Urlaubsortes um seine Führsorgepflicht zur Vermeidung von Ansteckungsgefahren gegenüber seinen Mitarbeitern erfüllen zu können. Der Arbeitnehmer erfüllt diese Auskunftspflicht gegenüber dem Arbeitgeber durch eine sog. Negativauskunft, ein vom Robert-Koch-Institut erklärtes Risikogebiet nicht besucht zu haben.
c) Auskunftspflicht für Arbeitnehmer über Ihre Kontaktpersonen
Erlaubt ist allein die Frage, ob der Arbeitnehmer zu einer infizierten Person Kontakt hatte. Falls ja, muss der Arbeitgeber für geeignete Sicherheitsmaßnahmen im Betrieb sorgen.
d) Auskunftspflicht des Arbeitgebers über Corona-Infektion eines Mitarbeiters gegenüber der Belegschaft
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet den Namen eines infizierten Mitarbeiters nicht zu nennen. Schutzmaßnahmen für die Belegschaft sind ohne Namensnennung des betroffenen Mitarbeiters durchzuführen.
Ist dies zum Schutz der Belegschaft nicht ausreichend, muss der Arbeitgeber eine Entscheidung des Gesundheitsamtes veranlassen. Kann eine solche Entscheidung in der erforderlichen Zeit nicht herbeigeführt werden, darf der Arbeitgeber die Mitarbeiter über den Verdacht der Ansteckung oder Erkrankung unter Namensnennung des konkreten Mitarbeiters informieren um Infektionsquellen zu lokalisieren und einzudämmen. Stets ist der Arbeitgeber zu einer umfassenden und dokumentierten Interessensabwägung verpflichtet.
e) Allgemeines
Die genannten Datenschutzinformationen beruhen auf Veröffentlichungen verschiedener Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Stand 24.03.2020.
8. Einzelfallprüfung
Die erteilten Informationen stehen immer unter dem Vorbehalt der Bewertung Ihrer konkreten Arbeitsvertrags- und Betriebssituation. Deshalb bedarf eine verlässliche Bewertung stets ein persönliches Beratungsgespräch, wozu wir Ihnen nach telefonischer Kontaktaufnahme zur Verfügung stehen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Thomas Morio.