Das OLG Nürnberg (Beschluss 31.10.2018 – 7 UF 617/18 – FF 2019, 115) hatte über folgende Konstellation zu entscheiden: Der Ehemann war alleiniger Inhaber eines Kontos mit einem Guthaben von EUR 83.000,00. Vor der Trennung hatte der Ehemann seiner Frau eine Kontovollmacht zu diesem Konto erteilt. Nach der Trennung hat er diese Kontovollmacht nicht ausdrücklich widerrufen. Weit über ein Jahr nach der Trennung, vier Monate nach Zustellung des Scheidungsantrags, überwies die Ehefrau aufgrund ihrer Vollmacht vom Konto des Ehemannes EUR 83.000,00 auf das Konto ihrer Mutter und gab als Verwendungszweck auf dem Überweisungsauftrag „Privatschulden“ an.
Das OLG Nürnberg entschied nun, die Ehefrau habe dem Ehemann diesen Betrag zurückzubezahlen. Der Ehemann kann aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB die Rückzahlung verlangen. Denn die Ehefrau habe eine Untreue begangen und sich strafbar gemacht. Das Oberlandesgericht verweist in seiner Entscheidung darauf, dass der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden habe, dass ein Ehegatte, der nach erfolgter Trennung eine vor der Trennung von dem anderen Ehegatten erteilte Kontovollmacht nutzt, um gegen den erkennbaren Willen des Vollmachtgebers Verfügungen über ein alleine dem Vollmachtgeber zustehendes Bankkonto vorzunehmen, den dem anderen Ehegatten dadurch entstehenden Vermögensschaden zu ersetzen habe. Dem liege zugrunde, dass die in der Ehe erteilte Vollmacht im Regelfall der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen soll und in dem Zusammenleben der Ehegatten ihre Grundlage habe. Findet die Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Ehegatten ein Ende, so liege darin ein Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Ehegatte, der dem anderen während des Zusammenlebens aus besonderem Vertrauen die Verfügungsbefugnis eingeräumt habe, müsse davor geschützt werden, dass der andere die Befugnis nach der Trennung in eigensüchtiger oder sonst missbräuchlicher Weise ausnutze. Wenn nach der Trennung, im zu entscheidenden Fall sogar nach Stellung der Scheidungsanträge, von der Vollmacht Gebrauch gemacht werde und Geld vom Konto des anderen Ehegatten abgezogen werde, werde zumindest billigend in Kauf genommen, dass man nicht mehr befugt ist, die von dem anderen Ehegatten während der Dauer des Zusammenlebens erteilte Vollmacht zu gebrauchen.
Wer nach der Trennung missbräuchlich von einer vor der Trennung eingeräumten Vollmacht Gebrauch macht, muss die Beträge, über die verfügt wurde, nicht nur zurückbezahlen. Es besteht vielmehr zusätzlich auch die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Günter Nann.