Diese Frage stellt sich für den enterbten Pflichtteilsberechtigten, der seinen Pflichtteilsanspruch (= Anspruch auf Zahlung des hälftiges Wertes seines gesetzlichen Erbteils) gegen den Erben geltend macht.
Einige Oberlandesgerichte sind der Auffassung, dass hinsichtlich des Wertes eines Miteigentumsanteils stets ein erheblicher Abschlag (beispielsweise 30 %) gemacht werden müsse, da Miteigentumsanteile an Immobilien in der Regel nicht frei verkäuflich seien. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 13.5.2015, Az. IV ZR 138/14) hat nun klargestellt, dass ein Wertabschlag jedenfalls dann nicht vorzunehmen sei, wenn der in den Nachlass fallende Miteigentumsanteil dazu führe, dass der Erbe Alleineigentümer der Immobilie werde. Das ist z.B. dann der – im Übrigen sehr häufige – Fall, wenn Ehegatten hälftige Miteigentümer einer Immobilie sind, sie sich testamentarisch gegenseitig als Alleinerben einsetzen und damit ihre pflichtteilsberechtigten Kinder für den ersten Erbfall enterben. In diesem Fall komme dem überlebenden Ehegatten der volle Wert des Miteigentumsanteils zugute. Der Pflichtteilsberechtigte brauche sich in diesen Fällen bei der Berechnung seines Pflichtteilsanspruchs also keinen Wertabschlag gefallen zu lassen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Marc Wernstedt.