Ehegatten setzen sich in gemeinschaftlichen Testamenten häufig gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben nach dem länger lebenden Ehegatten ein. Für den ersten Erbfall sind die – pflichtteilsberechtigten – Kinder also enterbt und könnten deshalb grundsätzlich ohne weiteres ihren Pflichtteil (= Zahlungsanspruch gegen den Erben in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils) gemäß § 2303 Abs. 1 BGB geltend machen.
Problematisch wird es, wenn das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten zusätzlich eine Wiederverheiratungsklausel enthält, nach der für den Fall, dass der überlebende Ehegatte wieder heirate, er hinsichtlich des Nachlasses des vorverstorbenen Ehegatten lediglich aufschiebend bedingter Vorerbe und die Kinder der Ehegatten aufschiebend bedingte Nacherben sein sollen. Denn § 2306 Abs. 2 BGB bestimmt, dass ein Pflichtteilsberechtigter, der als Nacherbe eingesetzt ist, den Pflichtteil nur verlangen kann, wenn er das Erbe ausschlägt, und die gesetzliche Ausschlagungsfrist beträgt nur sechs Wochen, § 1944 Abs. 1 BGB.
Das OLG Köln (Urt. v. 5.2.2015 – Az. 7 U 115/14) meint, dass auch für aufschiebend bedingte Nacherbeneinsetzungen § 2306 Abs. 2 BGB anzuwenden sei. Selbst wenn es nie zur Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten kommen sollte, dürfe das pflichtteilsberechtigte Kind im Falle einer Wiederverheiratungsklausel also nicht einfach abwarten, sondern müsse die (aufschiebend bedingte) Nacherbschaft innerhalb der gesetzlichen Frist ausschlagen, wenn es seinen Pflichtteil erhalten wolle. Im Rahmen der Anwendung des § 2306 Abs. 2 BGB dürfe nicht zwischen einer unbedingten, befristeten oder bedingten Einsetzung als Nacherbe unterschieden werden.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Marc Wernstedt.